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Trend vorbei? Unverpackt-Läden in der Region Baden büssen stark an Umsatz ein

Selina Keller und ihr Partner Stephan in ihrem Unverpackt-Laden «Marta» in Turgi.

Selina Keller und ihr Partner Stephan in ihrem Unverpackt-Laden «Marta» in Turgi. Bild: Britta Gut

Während der strengen Coronamassnahmen haben Läden, in denen man Lebensmittel ohne Plastikverpackung selber abfüllen kann, grossen Zulauf gehabt. In diesem Jahr gehen die Umsätze aber deutlich zurück. Woran liegt das und was bedeutet das für die lokalen Geschäfte?

Ist der Trend zu mehr Nachhaltigkeit schon vorüber? Die Unverpackt-Läden, in denen man Lebensmittel ohne Plastikverpackung selber abfüllen und kaufen kann, kämpfen jedenfalls mit deutlichen Umsatzeinbussen. Die Ladenbetreibenden geben aber nicht auf.

Der Badener Unverpackt-Laden «Ohne» hat dieses Jahr 30 Prozent weniger Umsatz gemacht als üblich. Trotzdem will Sophie Maurer, Mitglied der dreiköpfigen Geschäftsleitung, nicht klagen. Denn bei den Kunden sei kein Rückgang zu verzeichnen – sie würden lediglich weniger Geld ausgeben.

Das liege wahrscheinlich an der aktuellen Energiekrise und der anhaltenden Teuerung. Ohnehin sei auffällig, dass das Kaufverhalten der Kundschaft die aktuelle politische Lage widerspiegle. Im Jahr 2020 war die Klimakrise ein zentrales Thema und die Unverpackt-Läden wurden überrannt.

Diesen Eindruck teilt auch Selina Keller, die den Unverpackt-Laden «Marta» in Turgi betreibt: «Überall steigen die Preise. Darum können die Leute vermutlich weniger auf nachhaltige Lebensmittel schauen» Mit den unverpackten Lebensmitteln verdiene sie aber kaum noch Geld. Überleben könne ihr Geschäft, das sie zusammen mit ihrem Partner Stephan führt, nur dank dem Bistro. Dieses laufe weiterhin gut.

Grosse Community in der Region Baden

Auch in Baden ist man froh über das integrierte Ladencafé, das zusammen mit dem Unverpackt-Laden betrieben wird. «Das Café stützt uns momentan», sagt Maurer. Ohnehin können sie in Baden auf eine treue Kundschaft zählen, der auch wichtig sei, wo die angebotenen Produkte herkommen. «Wir haben kein Produkt, hinter dem wir nicht zu 100 Prozent stehen», sagt Maurer. Das würden auch die Kundinnen und Kunden spüren.

Der Unverpackt-Laden «Ohne» in Baden. Hier können Kunden ihre Produkte selber abfüllen. Bild: Nicolas Blust

«Die Menschen in Baden sind sehr umweltbewusst», sagt Maurer. Das sei auch nötig, ansonsten wäre es schwer zu überleben. Vor über fünf Jahren, als Maurer mit einer Kollegin und deren Mann zusammen das Geschäft eröffnete, waren sie auf Unterstützung angewiesen. In einem Crowdfunding spendeten 367 Menschen über 50’000 Franken, damit der Unverpackt-Laden öffnen konnte.

Wie umweltbewusst Baden ist, zeigte sich auch im Jahr 2020, als das Plastikexperiment durchgeführt wurde. Während eines Monats verzichtete die Stadt auf Plastik. Die Aktion hat das Bewusstsein in der Bevölkerung geschärft. «Wir haben einen Zuwachs bei der Kundschaft gespürt», erinnert sich Maurer an das Projekt zurück.

Werden die grossen Detailhändler zur Konkurrenz?

Wer unverpackte Lebensmittel kaufen will, muss dafür aber nicht zwingend in einen kleinen, spezialisierten Laden. Auch die grossen Detailhändler sind mittlerweile auf den Unverpackt-Zug aufgesprungen. Bereits vor etwas mehr als zwei Jahren testete die Migros in Baden in einem Pilotversuch eine erste Abfüllstation. Das war ein grosser Erfolg.

«Wir haben aufgrund der vielen positiven Kundenrückmeldungen in der Migros Aare danach in diversen weiteren Filialen das Konzept rasch ausgerollt», sagt Andrea Bauer, Mediensprecherin der Migros Aare, auf Anfrage. Mittlerweile ist das Konzept in zwölf weiteren Filialen der Migros Aare umgesetzt worden. Bis Jahresende sollen schweizweit 52 Filialen mit dem Unverpackt-Modul ausgerüstet sein.

Machen die grossen Detailhändler den kleinen Unverpackt-Läden das Geschäft kaputt? «Ich finde es positiv, dass die grossen Detailhändler auch auf den Trend aufspringen», sagt Keller. Sie nimmt die Migros nicht als Konkurrenz wahr.

Ähnlich sieht es auch Sophie Maurer. Zwar ist die Migros-Filiale mit dem Unverpackt-Modul keine 500 Meter von ihrem Laden entfernt. Die Kundschaft unterscheide sich aber deutlich. Der Kundenkontakt, der Dorfladencharakter und die ausführlichen Auskünfte zu den angebotenen Produkten – das könne die Migros nicht bieten.

Auch das Sortiment unterscheidet sich deutlich. Während in der Migros lediglich Lebensmittel wie Getreide, Nüsse und Süssigkeiten unverpackt erhältlich sind, bieten Unverpackt-Läden auch Essig und Öl sowie eine grosse Auswahl an plastikfreien Non-Food-Artikeln an.

Mehrere Läden im Aargau, wie das Geschäft «Unverpackt» in Aarau, mussten in der Vergangenheit schliessen. Dass der Unverpackt-Trend weiter besteht, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Rheinfelden. Auf der Crowdfunding-Plattform wemakeit.ch wurden bereits über 11’000 Franken für einen neuen Laden gespendet.

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