Der Bahnhof in Aarau ist ein Drogen-Hotspot. Bild: Daniel Vizentini
Der Drogenkonsum bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Aarau nimmt zu – aber auch bei älteren Menschen. Das Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen hat sechsmal so viele Anfragen wie vor einem Jahr. So sieht die Drogenszene in Aarau aus.
In den vergangenen Wochen sorgte die offene Drogenszene beim Bahnhof Brugg/Windisch für negative Schlagzeilen. Auch die Suchthilfe Aargau schlägt Alarm – ihr gehen die Gelder aus. Bereits Mitte Oktober war das Jahresbudget aufgebraucht, da mehr Personen als im Vorjahr Beratungen in Anspruch nahmen.
In Aarau scheint der Drogenkonsum noch unter Kontrolle zu sein. Ein genauerer Blick zeigt jedoch: Auch in der Kantonshauptstadt ist er auf dem Vormarsch. Die Behörden sind alarmiert, Grund zur Panik herrscht jedoch (noch) nicht.
Konsum bei Jugendlichen nimmt zu
Gerade bei jungen Menschen nimmt der Drogenkonsum zu. «Die Häufigkeit des Konsums ist schwankend, befindet sich jedoch in einer Zunahme», sagt Christoph Rohrer, Leiter Fachbereich Kinder- und Jugendförderung der Stadt Aarau. Beliebt seien unterschiedliche Substanzen. Begonnen bei Nikotin und Alkohol bis zu Cannabis und synthetischen Mitteln. Das liege vor allem daran, dass diese dank den digitalen Möglichkeiten einfacher zu erhalten seien und deren Preis deutlich gesunken sei.
Die Stadt reagiere darauf mit unterschiedlichen Angeboten. Jugendliche und junge Erwachsene aus Aarau und der Region würden gezielt auf ihren Konsum angesprochen und über Folgen und Risiken sowie Alternativen aufgeklärt. Dies geschehe regelmässig im Jugendtreff, draussen auf der Strasse oder bei Veranstaltungen im Flösserplatz, sagt Rohrer.
Zunahme von Behandlungen bei älteren Menschen
Weniger klar ist, wie der Konsum bei älteren Menschen aussieht. Es gibt jedoch gewisse Indizien, dass auch dieser zunimmt. So verzeichnet das Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen der Psychiatrischen Dienste Aargau einen signifikanten Anstieg an suchtmedizinischen Behandlungen.
Das hat auch zur Folge, dass die Wartezeiten für stationäre und ambulante Termine merklich gestiegen sind. In Aarau bieten die Psychiatrischen Dienste Aargau im Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen (ZAE) ambulante suchtmedizinische Abklärungen und Behandlungen an für Menschen mit substanzgebundenen Abhängigkeiten sowie Verhaltensabhängigkeiten.
Was ist eine suchtmedizinische Behandlung?
Während die Suchtberatung in erster Linie Beratung, Aufklärung und die Vermittlung von Hilfsangeboten beinhaltet, geht es bei einer suchtmedizinischen Behandlung um ein ganzheitliches medizinisches und therapeutisches Vorgehen. Dabei liegt das Hauptziel in der Verbesserung und Stabilisierung der körperlichen und psychischen Gesundheit des Patienten. Dies umfasst sowohl die Phase des körperlichen Total- oder Teilentzugs als auch die darauffolgende Motivationsphase. Bei bestimmten Abhängigkeiten, wie beispielsweise der Opiatabhängigkeit, besteht zudem die Option einer Substitutionsbehandlung (Bsp.: Methadonprogramm). (nbl)
2022 betrug die durchschnittliche Wartezeit für einen Termin im Ambulatorium in Aarau noch etwa zwei Wochen. «Im aktuellen Jahr verzeichnen wir einen Anstieg auf durchschnittlich zwölf Wochen», sagt Eva-Maria Pichler, Chefärztin und Leiterin des ZAE. Sie betont jedoch, dass man in dringenden Fällen stets handlungsbereit sei und Notfälle ohne Verzögerung behandelt würden.
Gerade in der Altersgruppe von 39 bis 48 Jahren sei ein signifikanter Anstieg zu beobachten. Wurden im vergangenen Jahr noch 970 Konsultationen durchgeführt, fanden dieses Jahr bereits 1040 statt. Bei Personen über 58 Jahren gebe es ebenfalls eine Zunahme von 390 auf 443 Konsultationen. Und das bis Ende Oktober. Unklar ist, wo die Drogen konsumiert werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch ein grosser Teil davon im Privaten stattfindet.
Wo werden die Drogen konsumiert?
«Ausser dem Bahnhof ist uns kein eigentlicher Hotspot bekannt», sagt Toni von Däniken, stellvertretender Leiter der Abteilung Sicherheit in Aarau. Stärkere Kontrollen würden jedoch dazu führen, das Drogenkonsumierende auf angrenzende Gebiete ausweichen.
Auch die Güselwehr findet vor allem am Bahnhof und dessen Umgebung – vor allem im Park der Alten Kanti – herumliegende Drogenutensilien. Der Verein sammelt freiwillig Abfall in der Stadt ein. Im Sommer fänden sich aber auch unter dem Mammutbaum beim katholischen Pfarrhaus Hinweise auf vermehrten Drogenkonsum, sagt Ilona Suter, Vereinspräsidentin der Güselwehr.
Die Stadtpolizei betont jedoch, dass der Konsum im öffentlichen Raum nicht zunimmt. Es gebe weder vermehrt Meldungen, noch würden mehr Bussen ausgestellt. Trotzdem nehme das Sicherheitsgefühl am Bahnhof, auch wegen der Drogenszene, merklich ab, meint SVP-Einwohnerrat Urs Winzenried. Dieser hat erst kürzlich eine Anfrage mit dem Titel «Sicherheit am Bahnhof Aarau» eingereicht. Vergleichbar mit Brugg ist die Situation nicht, doch auch in Aarau sind die Drogen auf dem Vormarsch.






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